Es sind traumatisierende Erinnerungen. Für Rhobi aus Tansania sind jedoch die eigenen schmerzhaften Erfahrungen das wirksamste Mittel, um anderen Mädchen zu helfen. Dafür steht die 12-Jährige auf einer Theaterbühne vor einer Gruppe von Kindern, Eltern und wichtigen Gemeindemitgliedern. In einer bewegenden Aufführung, klärt sie über die Schrecken und Gefahren der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) auf.

Rhobi ist kaum wiederzuerkennen. Sie wuchs als schüchternes und introvertiertes Mädchen auf und legte jene Scheu an den Tag, die häufig von Mädchen in Tansania erwartet wird. Ihre Verwandlung wurde ausgelöst, als die damals 11-Jährige von ihren Eltern erfuhr, dass eine FGM an ihr durchgeführt werden soll – ein Beschneidungsritual, das üblicherweise einem Heiratsantrag eines älteren Mannes vorausgeht. Männer wollen auf diese Weise die sexuelle Lust der Frau kontrollieren und beschränken. Ungeachtet der gesundheitlichen und psychologischen Folgen für die Mädchen werden deswegen seit Jahrhunderten die Körper von Mädchen verstümmelt.

Angsterfüllt hoffte Rhobi diesem alten Brauch zu entkommen – eine Überzeugung, die noch stärker wurde, als sie dem Programm für Kinderrechte von Right To Play an ihrer Schule beitrat. Sie erfuhr mehr über die dramatischen Folgen der Beschneidung, die für tausende junger Mädchen Kummer, Schmerz oder gar Tod bedeutet. Sie lernte, dass sie jedes Recht dazu hat, sich der Entscheidung der Eltern entgegenzustellen.

Mit der Unterstüzung ihrer Lehrer und Mutter versuchte Rhobi die Meinung des Vaters zu ändern. „Die Beschneidung ist gefährlich. Es widerspricht meinem Recht, mich dazu zu zwingen.“ Aber aus Angst vor dem gesellschaftlichen Druck gab der Vater ihrem Drängen nicht nach.

Das Unausweichliche fürchtend, lief Rhobi von zu Hause weg. Ihr Vater spürte sie jedoch auf und zwang sie die Zeremonie durchzuführen. „Der Schmerz und die Beschämung waren schrecklich,“ erinnert sich Rhobi. „Wie konnten sie mir das antun?“

Die zurückgebliebenen Narben werden Rhobi für immer daran erinnern. Ihre eigene Schwester sollte diese Erfahrungen niemals erleben müssen – das schwor sie sich und machte es sich zum Ziel, ihre Schwester davor zu beschützen. In einem Right To Play Programm bekam sie neues Selbstvertrauen und wichtige Kommunikationsfähigkeiten vermittelt, was ihr bei der Mission helfen sollte.

Gemeinsam mit ihren Lehrern und ihrer Mutter konnte sie ihren Vater von den Gefahren einer Genitalverstümmelung überzeugen.

Bewegt von dem Engagement seiner Tochter und ihren Argumenten, nutzte er die Bühne nach einer von Rhobis Theateraufführungen. Mutig trat er nun selbst vor die Gemeinde: „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der meine Tochter im Kindsbett sterben oder nichts zu der Zukunft der Familie beitragen könnte. Ab sofort werde ich die weibliche Beschneidung nicht mehr unterstützen. Rhobi ist meine letzte Tochter, die das erleben musste.“

Stolz und gestärkt nach diesem Erfolg, setzt sich Rohbi weiter für die Sicherheit von Mädchen ein und erzählt ihre Geschichte auf der Bühne. Jeden Tag inspiriert sie mehr Mädchen, ihre Rechte einzufordern und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.